Viele Völker - viele Sprachen

Sibirien ist ein Vielvölkerstaat - die Bibelübersetzung in die Muttersprachen ist eine große Aufgabe.

Angehörige der Burjaten lesen in der Bibel

Das östlich des Urals gelegene Sibirien ist ein Vielvölkerstaat. Hier leben neben Russen, Weißrussen und Ukrainern zahlreiche indigene Volksgruppen mit eigener Kultur und Sprache. Die Übersetzung der Bibel in diese Sprachen stellt die Russische Bibelgesellschaft vor eine große Aufgabe.

  

Zahlreiche indigene Ethnien in Sibirien

Während der Zarenherrschaft im 18. Jahrhundert eroberten die Russen das riesige Gebiet Sibiriens und drängten die ursprünglichen Bewohner immer mehr zurück. Dennoch existieren hier auch heute noch zahlreiche indigene Ethnien von unterschiedlicher Größe, die teilweise ihre traditionelle Lebensweise beibehalten haben. Sie machen ungefähr vier Prozent der Bevölkerung aus. Zu den sogenannten "Großvölkern" zählt man beispielsweise die Tuwiner, Jakuten, Burjaten und Altaier. Aber es gibt auch kleinere Ethnien mit nur noch wenigen hundert Angehörigen.

  

Bibelübersetzungen in die indigenen Sprachen

Die Russische Bibelgesellschaft übersetzt für einige dieser indigenen Völker die Bibel in ihre Muttersprache. Für das Selbstbewusstsein und die Identität dieser Minderheiten ist dies oft von unschätzbarem Wert. Eine Übersetzung der Bibel in die indigenen Sprachen trägt auch dazu bei, diese vor dem oftmals drohenden Aussterben zu bewahren.

  

Übersetzungsprojekt: Die Bibel auf Altaisch

Ein Beispiel ist die Übersetzung der Bibel ins Altaische, an der die Bibelgesellschaft seit 2002 arbeitet. Die Republik Altai liegt im südwestlichen Sibirien und grenzt an Kasachstan, China und die Mongolei. Hier leben um die 200.000 Menschen, wobei die Altaier mit knapp 70.000 Einwohnern selbst eine Minderheit darstellen. Ihre Sprache gehört zu den Turksprachen und gliedert sich auf in sechs verschiedene Dialekte. Die meisten altaischen Christen gehören der russisch-orthodoxen oder der evangelischen Kirche an.

  

Anfänge der Bibelübersetzung auf Altaisch

Bevor das Christentum im 19. Jahrhundert durch den Missionar Archimandrit Macarius in das altaische Gebiet kam, stellte der Schamanismus mit islamischen und buddhistischen Einflüssen die vorherrschende Religion dar. Um den Altaiern das Evangelium in ihrer Sprache verkündigen zu können, lernte Macarius Altaisch und entwickelte auch ein Alphabet, das es bis dahin nicht gegeben hatte. Dann begann er, biblische und liturgische Texte für den Gottesdienst zu übersetzen. Dies war der Anfang einer Übersetzungstätigkeit, die erst in heutiger Zeit zu ihrem Abschluss kommt.

  

Rückbesinnung auf die eigene Kultur

In den 1990er Jahren, nach dem Ende der Sowjetherrschaft, begannen die Altaier wie so viele andere indigene Völker Russlands, sich auf ihre Wurzeln zu besinnen. Das Altaische wurde gepflegt und neben Russisch zur Amtssprache erhoben. Es gab Gottesdienste auf Altaisch und schließlich baten die Gemeinden die Russische Bibelgesellschaft, die gesamte Bibel in ihre Muttersprache zu übersetzen und so die Arbeit von Macarius zu vollenden. Mitarbeiter der Bibelgesellschaft reisten Hunderte von Kilometern in die Republik Altai, um die Gemeinden und Kirchenführer kennenzulernen und um Übersetzer mit Altaisch als Muttersprache zu finden.

  

Die Bibel-Übersetzung schreitet voran

Da die Übersetzung aus den biblischen Ursprachen Griechisch und Hebräisch erfolgen sollte, erhielten die zukünftigen Übersetzer von der Bibelgesellschaft eine zweijährige Ausbildung, um für ihre große Aufgabe gerüstet zu sein. 2005 konnte schließlich damit begonnen werden, die Bibel in modernes Altaisch zu übersetzen. Ende 2019 ist das Alte Testament weitestgehend fertiggestellt worden. Es wird noch weitere drei Jahre dauern, bis die Altaier die Bibel in ihrer Sprache in Empfang nehmen können.

Bibelverbreitung im Dorf Ustkamishta

Spenden Sie Bibeln für Sibirien!

Viele Menschen in Sibirien können sich keine eigene Bibel leisten. Die Russische Bibelgesellschaft gibt deswegen Bibelausgaben kostenlos oder zu stark reduzierten Preisen ab. Mit Ihrer Spende unterstützen Sie dieses wertvolle Projekt für Sibiriens Christinnen und Christen! 

Mit 28€ finanzieren Sie zum Beispiel 10 Büchlein mit biblischen Geschichten für Waisenhäuser.

Eva Mündlein

ist evangelische Theologin und arbeitet bei der Deutschen Bibelgesellschaft als Redakteurin für die Zeitschrift Bibelreport.

Autorenfoto EVa Mündlein