Johannesevangelium
Das Evangelium nach Johannes ist das reflektierteste der vier Evangelien und wurde offensichtlich theologisch gestaltet. Es beginnt mit einem wunderschönen Lied über das fleischgewordene Wort. Im Folgenden werden Geschichten von Jesus verwoben mit tiefgehenden theologischen Reflexionen über die Bedeutung seiner Worte. Ausgehend von den Geschichten über Jesus und seine „Wunder“ (in Johannes stets „Zeichen“ genannt) werden Diskussionen und Diskurse über die Herkunft Jesu und den Grund seines Wirkens auf Erden angestoßen. Viele verschiedene Themen prägen dieses Evangelium und sind viel offensichtlicher als in anderen Evangelien – Fragen nach Gut und Böse, Licht und Dunkelheit, Jesus gesandt von Gott aus dem Himmel auf Erden – und alles andere untermauernd: die Liebe.
Zeitaufwand
Vollständige Lesezeit: 2 Stunden
Hast du weniger Zeit? Lies nur 1,1-51; 2,1-25; 6,1-71; 19,17-21,25
Genre
Evangeliumsbericht, der die Geschichte vom Leben Jesu Christi und der frohen Botschaft erzählt, die er uns bringt.
Inspirierende Zitate
Am Anfang war das Wort. Das Wort war bei Gott, und in allem war es Gott gleich. (Johannes 1,1)
Er, das Wort, wurde ein Mensch, ein wirklicher Mensch von Fleisch und Blut. Er lebte unter uns, und wir sahen seine Macht und Hoheit, die göttliche Hoheit, die ihm der Vater gegeben hat, ihm, seinem einzigen Sohn. Gottes ganze Güte und Treue ist uns in ihm begegnet. (Johannes 1,14)
Gott hat die Menschen so sehr geliebt, dass er seinen einzigen Sohn hergab. Nun werden alle, die sich auf den Sohn Gottes verlassen, nicht zugrunde gehen, sondern ewig leben. (Johannes 3,16)
Jesus sagte zu den Juden, die zum Glauben an ihn gekommen waren: „Wenn ihr bei dem bleibt, was ich euch gesagt habe, und euer Leben darauf gründet, seid ihr wirklich meine Jünger. Dann werdet ihr die Wahrheit erkennen und die Wahrheit wird euch frei machen.“ (Johannes 8,31-32)
Und viele mehr!
Übersetzung aus Gute Nachricht Bibel
Herausforderung
Es gibt unzählige Herausforderungen bei Johannes.
- Die Reihenfolge und Datierung der Ereignisse aus dem Leben Jesu im Johannesevangelium unterscheidet sich von den anderen Evangelisten (z.B. findet die Tempelreinigung zu Beginn Jesu Wirken statt und nicht erst gegen Ende; seine Kreuzigung findet einen Tag früher statt). Frage dich beim Lesen, wieso dies so sein könnte!
- Die Diskurse von Johannes (die das Evangelium durchziehenden, langen Diskussionen, aber besonders jene in den Kapiteln 3, 4, 6 und 14–17) können kreisend und verwirrend wirken. Wir empfehlen dir, dich darauf einzulassen und dich beim Lesen vom wiederkehrenden Duktus mitnehmen zu lassen; dann wirst du bemerken, dass die Passagen zunehmend bedeutsamer für dich werden.
Über den Autor
Das Evangelium nennt einen „Jünger, den Jesus liebte“ (Johannes 21,20-25), aber verrät nicht, welcher Jünger gemeint wäre. Bibelwissenschaftler nehmen an, es sei Johannes, Sohn des Zebedäus, einer der zwölf Jünger gewesen. Andere Hypothesen lassen auf Lazarus, Maria Magdalena, Johannes Markus, Jakobus (Jesu Bruder) oder einen anderen unbekannten Jünger Jesu als möglichen Autor schließen. Niemand weiß wirklich, wer der Lieblingsjünger Jesu war – die Art und Weise, wie das Evangelium verfasst wurde, lässt vermuten, dass dies absichtlich geschah.
Erstaunlicherweise scheint sich das Evangelium sukzessive entwickelt zu haben. Der Prolog (1,1-18) und der Epilog (Kapitel 21) sowie einige Abschnitte in der Mitte des Evangeliums, deuten an, dass das finale Evangelium schrittweise entstand. Einige Theologen geben an, dass dadurch darauf zu schließen sei, dass es nicht von einer Person verfasst worden sei, sondern von einer Gemeinschaft, die von einer geistlichen Leitungsperson, eventuell Johannes, angeleitet worden sei. Achte daher beim Lesen auf etwas unschlüssige Wendungen – davon tauchen einige im Text auf.
Was wissen wir über ihn?
Falls der Autor der Jünger Johannes ist, dann war er der Bruder von Jakobus – beide wurden früh zu Jesu Nachfolge berufen. Dem Lieblingsjünger, der oft im Johannesevangelium genannt wird, vertraut Jesus am Kreuz die Sorge um seine Mutter an. Der Überlieferung nach soll dieser sie mitgenommen haben nach Ephesus, wo er lebte und sehr alt wurde (etwa 100 Jahre).
Zeitlicher Kontext
Obwohl einige Bibelwissenschaftler für ein sehr frühes Datieren des Evangeliums argumentieren (40 n. Chr.), verortet die Mehrheit es eher gegen Ende des ersten Jahrhunderts (90 n. Chr.), wodurch die Entwicklung des reflexiven Duktus des Evangeliums erklärt werden könnte.
Was fühlten die Menschen?
In der Zeit um 90 n. Chr. wurde die christliche Gemeinschaft immer stärker verfolgt. Das verursachte die Suche und Bestimmung einer eigenen Identität über und gegen die Welt, in der sie lebten. Das Evangelium ist von Hinweisen dahingehend durchzogen.
Art des Buches
Es ist ein Evangelium – eine Geschichte, die das Ziel verfolgt, den Lesenden zum Glauben an Jesus und seinem Tun zu überzeugen.
Wie wir bereits feststellten, unterscheidet sich das Johannesevangelium von den übrigen drei Evangelien – es ist sehr viel reflektierter und widmet sich der Frage, wer Jesus wirklich war.
Aufbau des Buches
1,1–18: Der Prolog
1,19–51: Die ersten Jünger
2,1–12: Die Hochzeit zu Kana
2,13–25: Jesus und die Tempelreinigung
3,1–21: Jesus und Nikodemus
3,22–36:Jesus und Johannes, der Täufer
4,1–42: Jesus und die Frau aus Samarien
4,43–54: Heilung des Sohnes eines königlichen Beamten
5,1–47: Die Heilung am Teich Bethesda
6,1–71: Die Speisung der Fünftausend
7,1–52: Wer ist Jesus?
7,53–8.11: Jesus und die Ehebrecherin
8,12–59: Das Licht der Welt
9,1–41: Die Heilung des Blindgeborenen
10,1–42: Der gute Hirte
11,1–57: Jesus - die Auferstehung und das Leben
12,1–8: Maria salbt Jesus
12,9–50: Jesus geht nach Jerusalem
13,1–17,26: Die Fußwaschung und das letzte Gespräch
18,1–19,42: Jesu Gefangennahme, Prozess und Kreuzigung
20,1–21,25: Die Osterberichte von Jesu Auferstehung
Weiterführend
Manche fühlen sich unwohl damit, wie „die Juden“ im Johannes Evangelium bezeichnet werden (in manchen modernen Übersetzungen wird von „jüdischen Führern“ gesprochen). Wenn du das Evangelium liest, achte sowohl auf die Bezeichnung „die Juden“, als auch auf einzelne Beschreibungen individueller Juden (zur Erinnerung: auch Jesus war Jude). Frage dich, was Johannes mit der Gruppenbezeichnung „die Juden“ im Gegensatz zu den vorkommenden einzelnen Persönlichkeiten wie Nikodemus aussagen wollte.
Das Johannesevangelium beinhaltet viele Kontraste – Licht und Finsternis, Auf und Ab, Gut und Böse. Achte auf diese Gegensätze im Text und gehe der Frage auf den Grund, wieso sie so wichtig sind im Johannesevangelium!
Oft wird diskutiert, ob Jesus im Johannesevangelium mehr Mensch oder mehr Gott war. Was denkst du dazu?
Bedeutung für mich
In Johannes 20,31 liest man „was aber in diesem Buch steht, wurde aufgeschrieben, damit ihr festbleibt in dem Glauben, dass Jesus der versprochene Retter ist, der Sohn Gottes. Wenn ihr das tut, habt ihr durch ihn das Leben.“ Was würde dich im Johannesevangelium davon überzeugen?
Diskussionsanregung
- Gibt es bestimmte Stellen, die dich besonders ansprechen oder inspirieren?
- Gibt es bestimmte Stellen, die du nicht magst oder die dir Sorgen bereiten?
- Wovon denkst du, handelt das Buch?
- Der Prolog ist eine der berühmtesten Stellen im Johannesevangelium, aber was denkst du, wozu dient er? Wofür wurde er geschrieben?
- Diskutiere über Jesus, dem du im Johannes Evangelium begegnest! Inwiefern ist er dem Jesus in Matthäus, Markus und Lukas ähnlich oder unterscheidet sich von ihm?
- Das Johannesevangelium hat mehr Berichte über die Auferstehung als die anderen Evangelien. Wieso denkst du, ist die Auferstehung so wichtig für Johannes? (Wer war der liebste Jünger Jesu?)
- Was hat dich besonders berührt beim Lesen, erweiterte deine Erkenntnisse oder brachte dich zum Nachdenken über dein Leben und wie du es lebst?